Wer uns kennt weiß, das wir Autos nicht mögen, keines haben und uns damit auch ganz und gar nicht auskennen. Wer versucht über Autos zu reden ödet uns an. Und dennoch sind wir hier in Südamerika vor zwei Monaten Autobesitzer geworden und seit dem gut 6000km gefahren. Jetzt können auch wir euch mit Autos langweilen…
Die Straßen der zwei südlichsten Provinzen in Argentinien, Santa Cruz & Chubut, sind scheinbar extra gemacht für Leute wie uns, blutige Anfänger also. Die Straßen sind breit, schnugerade, meist asphaltiert und ohne jeglichen Verher – kurzum stink langweilig. Die Landschaft passt zu den Straßen, trockene Grassteppe so weit das Auge reicht, leblos auser ein paar Lamas, die alle 20km mal am Straßenrand grasen. Zwischen den Orten liegen meist mehere hundert km und somit mehere Sunden öder Autofahrt. Oftmals schläft der Fuß dabei auf dem Gaspedal ein, in der Hoffnung dieser Einöde so schneller entfliehen zu können.
Wir fahren meist die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110km/h, deutlich zu langsam für Argentinier. Alle viertel Stunde kommt von hinten ein anderes Auto in Sicht, ein Pickup, welcher meist mit weit über 150km/s auf uns zurast und nach ein paar Minuten wieder vor uns mit dem Horizont verschmilzt. Was dir Pickupfaher zudem eint ist das Ihre Fahrzeuge scheinbar keine Blinker haben, sie einen Sicherheitsabstand von 1-2 Metern zum Vorgänger suchen, jegliches Überholverbot misachten und auch in den seltenen unübersichtlichen Kurfen auf gut Glück überholen, was mangels Gegenverkehr auch gelingt.
Die einzigen weiteren Verkehrsteilnehmer scheinen LKW-Faher zu sein, welche scheinbar genauso viel Zeit haben wie wir die Verkehrsregeln einzuhalten. Einen davon, Carlos, hat Yating beim Trampen nach Rio Gallegos persönlich kennen gelernt…
Nachdem ich auf den hohen Beifahersitz geklettert bin, sehe ich einen kleinen Gaswasserkocher dampfen. Carlos lächelt. “Mein Wasser ist heiß, möchtest du Mate trinken?“ Carlos redet gerne, spricht aber natürlich nur Spanisch, welches ich nur ein bischen kann. Dennoch unterhalten wir uns die ganze Zeit. Er zeigt mit Fotos von seiner Famiele und erklärt mir, das er aktuell ein wenig chinesisch lernt weil ihm die Schriftzeichen gut gefallen. Ich schreibe ihm seinen Namen auf Chinesisch. Die 1,5 Stunden fahrt nach Río Galliegos vergehen wie im Fluge und als ich dankbar aussteige fährt Carlos noch knapp 3000km weiter bis nach Buenos Aires. Er lebt 20 Tage/Monat in seinem LKW und er liebt es seine Fahrt mit den Geschichten der aufgesammelten Tramper zu würzen.
Dank der vielen LKW-Faher, die ihr Leben auf der Straße verbringen sind die Tankstellen in Argentinien bestens ausgestattet – Tankstelle, Restaurant, Tante-Emma-Laden, Hostel und Duschen in einem. So eine Tankstelle ist fast wie ein kleines Dorf und manch ein Dorf, das sich wie eine Oase aus der patagonischen Steppe erhebt besteht bei näherer Berachtung auch nur aus einer Tankstelle und einem Polizeihäuschen. Auch wir besuchen die Tankstellen regelmäßig, oftmals nur um WLAN, Toiletten oder Duschen zu nutzen.
Entlang der Staße gibt es nichts auser Straßenschilder, und davon reichlich. Die Argentinier scheinen Straßenschilder zu lieben. Neben den Schildern für Überholverbot und Geschwindigkeitsbegränzungen gibt es noch Schilder für Bergauf, Bergab, Kurfen, Wind, Wildwechsel und Achtung was auch immer. Man findet sie etwa jede zweite Kurfe, Hügel und oftmals auch grundlos – wie etwas die 20km/h Geschwindigkeitsbegrenzung vor der Ausfahrt fast jeder Industrieanlage am Weg. Wir handhaben es inzwischen wie die Argentinier und versuchen den nutzlosen Schilderwald zu ignorieren.
Neben den asphaltierten Hauptstraßen in meist gutem Zustand gibt es noch zahlreiche Erdstraßen, mit denen eizelne Bauernhöfe oder die schönen Gegenden für die Touristen angebunden sind. Manche dieser Straßen bestehen eigentlich nur noch aus Schlaglöchern, welche es gilt in Schneckentempo-Slalomfahrt zu meiden, andere wiederum laden in top stand zum Rasen ein. Allen gemeinsam ist das auch nur ein paar tropfen Wasser ausreichen um sie in wahre Schlamhöllen zu verwandeln. Unsere erste Bekantschaft mit dieser Gabe haben wir in der Nähe von San Julián gemacht, wo wir unseren Papazao mit fleißigem schieben nach gut 10 Minuten wieder aus dem Schlamm befreit hatten. Bei der nächste Begegnung 3 Tage später saßen wir einen halben Tag fest. Das erste vorbeikommende Auto hatte zwar ein sehr hilfsbereites älteres Ehepaar an Bord, welches versuchte uns aus dem Schlamm zu ziehen, jedoch nur ein chinesisches Abschleppseil welches ständig riss. Da wir selbst auch nicht viel bewegen konnten haben wir versucht das Schlammloch trocken zu legen und uns sehlisch schon auf einen mehrtägigen Aufenthalt eingestellt. Letztendlich befreit hat uns jedoch am Abend ein Pärchen mit einem kleinen Golf und gutem Abschleppseil. Wir haben jetzt ein eigenes starkes Abschleppseil, natürlich bisher unbenutzt.
Für uns ist das Auto ein Stück Freiheit dort hin zu gehen und zu verweihlen, wo es schön ist – und wenn es nicht schönes gibt fahren wir auch mal 500km am Stück. Egal ob auf langweiligen geraden Straßen oder auf bösen Schlammstraßen, so viele Regenbögen wie hier haben wir noch nie gesehen. Die flache Landschaft und der starke patagonische Wind lassen das Wetter schnell wechseln. Oftmals reicht es den Blick von Links nach Rechts schweifen zu lassen um dicke Regenwolken in strahlenden Sonnenschein zu verwandeln – eben ein Wetter welches Regenbögen an den Horizont malt.